Meine Ausflug in das kleine Fischerdörfchen Taganga ist nun vorbei. Seit gestern bin ich zurück in Cartagena. In Taganga konnte ich meinen Fuß heilen, lesen, meinen Projektbericht vorantreiben und nette Eindrücke der kolumbianischen Landschaft und Bevölkerung sammeln. Die Familie bei der ich wohne war weiterhin sehr herzlich. Beim Frühstücken habe ich zwei lustige Einheimische kennengelernt. Mario und Giovanni. Vorgestern wollten wir uns ein Boot mieten, um fischen zu gehen. Der Plan scheiterte ursprüglich, da der Vermieter $100 anstatt die von mir verstandenen $10 verlangte. Doch dann zeigte sich der Vorteil mit Ortsansässigen unterwegs zu sein. Die beiden fragten andere Fischer und Bootsbesitzer. 20 Minuten später hatten wir ein Boot. Zwar ein altes und nicht ganz dicht, dafür aber kostenlos. Mario holte Angelschnur und Köder, Giovanni organisierte Paddel und ich besorgte Bier. Kurz nach dem Ablegen bot sich ein schöner Blick auf die Küste des kleinen Dorfes (Bild 1).
Nach dem Auswerfen des Ankers zerteilte Mario die Köder (Bild 2) in Fischmaulgerechte Happen und bestückte die Widerhaken. Entspannt warfen wir immer und immer wieder die Schnüre aus, holten sie langsam ein, erneuerten die Köder. Letzendlich fingen wir keinen einzigen Fisch, hatten aber trotzdem ordentlich Spaß bei der Sache (Bild 3).
Zudem wurde unsere Geduld zum Abschluss mit einem Sonnenuntergang in wunderschönen Farbtönen belohnt (Bild 4). Als es dunkel war, lichteten wir den Anker und begaben uns auf den Rückweg. Keine leichte Aufgabe, wir mussten gegen die Strömung anrudern. Nach nun 10 Tagen ohne wirkliche körperliche Anstrengung mal wieder eine willkommene Abwechslung.
Nach dem Anlegen am Strand gingen wir zu Mario's Haus. Er wohnt mit seiner schwangeren Frau und seinem 2 jährigen Sohn in einem kleinen Häuschen. Innen gab es keine wirklichen Räume, eher großzügige Durchgänge ohne Türen. zu den einzelnen Bereichen. Küche, Schlafzimmer und Wohnraum waren auf engstem Raum platziert. Trotzdem wirkte das Häuschen nicht ungemütlich, ich fühlte mich wohl. Mario servierte mir eine leckere Fischsuppe mit Yucca(ähnlich der heimischen Kartoffel) und zum Nachtisch gab es noch warmen Ananaskuchen. Hmmm, letzterer war wirklich eine Delikatesse. Anschließend wollte Mario sich ausgehfertig machen, ich sollte so lange draußen in der Hängematten Platz nehmen. Während ich bequem hin- und herschaukelte, beobachtete ich, wie zwei Nachbarn andauernd mit Eimern zu einem Loch im Boden zwischen ihren Häusern liefen, die Eimer abseilten und gefüllt wieder hochzogen. Diese brachten sie in ihre Häuser und kehrten wieder. Mir war der Grund nicht ganz klar. Als Mario auch mit einem Eimer in der Hand an mir vorbei ging und eine Klappe auf seiner "Terasse" öffnete, seinen Behälter füllte, fragte ich, wozu und warum er einer Wasservorrat unter seinem Haus hätte. Nach der Anwort war es mir schon ein bißchen peinlich, dass ich verwöhnter Europäer nicht selbst darauf gekommen war: Es gab in diesem, etwas höher gelegenen Gebiet einfach kein fließend Wasser und kein Abwassersystem. Die nächsten paar Minuten starrte ich verträumt über die Dächer des kleinen Dorfes in die Dunkelheit hinaus. Ein eindrucksvoller Blick bis zum Meer. Vor meinem geistigen Auge sah ich alle Tätigkeiten, die dieser Umstand erschwerte. Kochen, Wäschewaschen, Abwasch, Duschen, Toilette, Gießen...für alles mussten Eimer für Eimer gefüllt werden.
5 Tage lang war das kleine Fischerdorf voll von schwer bewaffneten Soldaten. Sie patroullieren rund um die Uhr. Am Strand, auf der Promenade sie waren in jeder Straße zu sehen. Ein etwas ungewohnter Zustand. Nicht wirklich schlimm aber der dauerhafte Anblick von vielen, teilweise noch jugendlich scheinenden Militärs mit Sturmgewehren ist auch nicht unbedingt angenehm. Den Grund für ihre Präsenz erfuhr ich von Mario. In der Gegend werden 3 Guerillakämpfer gesucht.
Auf der vierstündigen Rückfahrt an der Küste entlang nach Cartagena sah ich Dinge, die mir den Hinweg verschlafend, nicht bekannt waren. In einem Abschnitt standen in einem dünnen Streifen zwischen Meer und Straße kilometerlang Hütte an Hütte. Die Menschen saßen in Gruppen davor, andere versuchten, den vorbeifahrenden Waren zu verkaufen. Trotz des zumindest äußerlich miserabelen Zustands der Gegend und der Bahausungen, sah man kaum jemanden mit traurigem Gesicht. Kinder spielten vergnügt, die Menschen lachten und grinsten. Sehr beindruckend für mich, diesen Spagat zwischen gegebenen Um- oder Zuständen und Lebensfreude zu bewältigen. Wohl wird auch viel Wert auf Kleidung gelegt, niemand trug schmutzige Kleidung. Zerfetzte oder löchrige erst Recht nicht.